Sich gegenseitig helfen und stärken: Das ist das Prinzip der Genossenschaften. Die UNESCO wertet dies als einen beachtlichen kulturellen Verdienst – und hat es nun zum "Immateriellen Kulturerbe der Menschheit" erklärt.
Genossenschaften sind Kulturerbe
Die UNESCO wertet das Prinzip der Genossenschaften als "Immaterielles Kulturerbe"
Andere Länder, andere Kulturen
Belgien hat seine Bierkultur, Kuba seine Rumba, Ägypten seinen traditionellen Stockkampf. Und Deutschland? Wir haben unsere Genossenschaften – und die wurden nun in die Vielfalt der Kulturformen aufgenommen, die die UNESCO als "Immaterielles Kulturerbe" bewertet: als erster deutscher Beitrag von weltweit 353 Kulturformen aus Festen, Tänzen, Gesängen und Handwerkstechniken. Der einmalige soziale Zusammenhalt, den Genossenschaften stiften, hatte die Kulturorganisation der Vereinten Nationen überzeugt. Und Claudia Bogedan, Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz und Bremens Bildungssenatorin, lobte: "In Genossenschaften kommt bürgerschaftliches Engagement jenseits von privaten und staatlichen Wirtschaftsformen zum Ausdruck."
800 Millionen Menschen weltweit in Genossenschaften
Rund 800 Millionen Menschen sind weltweit in Genossenschaften organisiert. In Deutschland gibt es derzeit etwa 8.000 Genossenschaften mit mehr als 22 Millionen Mitgliedern – von Banken über Wohnungsbau- bis hin zu Konsumgenossenschaften. Auch in der Kultur- und Kreativszene erlebten Genossenschaften in den vergangenen Jahren einen wahren Gründungsboom: So gibt es Kinos und Filmverleihe, Theater, Orchester, künstlerische Proberäume, Ateliers und soziokulturelle Zentren sowie Netzwerke der Kultur- und Kreativwirtschaft, die als Genossenschaften organisiert sind.
Gemeinsam handeln, mehr erreichen
Die Idee dahinter: Menschen mit gleichen Interessen schließen sich freiwillig zusammen, um sich selbst zu helfen und sich gegenseitig zu fördern. Aus diesem Gedanken heraus entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Ländern Europas erste Genossenschaften im heutigen Sinne, meist Konsumgenossenschaften. In Deutschland waren es der Justiziar Hermann Schulze-Delitzsch und der Bürgermeister Friedrich Wilhelm Raiffeisen, die die Idee aufgriffen – weil sie wussten: Wer gemeinsam handelt, erreicht mehr.
Engagiert gegen die damalige Armut
Schulze-Delitzsch und Raiffeisen beschafften bezahlbaren Wohnraum, der noch dazu allen gehörte, die darin wohnten. Rasch erkannten sie, dass es für eine erfolgreiche Selbsthilfe auch Selbstfinanzierung braucht. Deshalb regten sie in ihren jeweiligen Regionen auch die Gründung von Kredit- beziehungsweise Darlehenskassenvereinen an und entwickelten aus ihren Erfahrungen Gebrauchsanleitungen für die Gründung genossenschaftlicher Banken. Raiffeisen und Schulze-Delitzsch gelten somit auch als die Gründerväter der Volksbanken und Raiffeisenbanken.
18 Millionen Mitglieder
Das deutsche Genossenschaftsgesetz und die Idee der Kreditgenossenschaften wurden bald zum Exportschlager. Überall auf der Welt, von Nordamerika über Skandinavien bis Japan, entstanden Genossenschaften. In Deutschland zählen die Genossenschaftsbanken mittlerweile mehr als 18 Millionen Mitglieder. Und ihre Zahl wächst und wächst. Immer mehr Menschen wollen auch Teilhaber ihrer Bank vor Ort werden und damit sowohl bei Entscheidungen ihres Instituts mitbestimmen als auch am Erfolg teilhaben.
200 Jahre Raiffeisen
Friedrich Wilhelm Raiffeisen hätte im Jahr 2018 das stolze Alter von 200 Jahren erreicht. Unter dem Motto "Mensch Raiffeisen. Starke Idee!" wird deshalb die gesamte Genossenschaftliche FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken das von der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft initiierte "Raiffeisenjahr 2018" feiern. Ein Jahr voller Festivitäten rund um den prominenten Gründervater.
VR-Future Ausgabe 2/2017